Buchholzens
 

Satire-

Letter


Der etwas andere
Kommentar

Martin Buchholz

Nr. 731 - vom 7. November 2024




KOTZALLEDEM!

 

 

I.

November! Eigentlich mein Lieblingsmonat. Mich fasziniert diese griesegraue Tristesse, die einem die trüben Sinne vernebelt mit depressiver Schwermut und fast schon suizidaler Morbidität. 

 

Dieser November hat es besonders in sich. Das fing gleich am ersten Elften an. Da wurde mal wieder die Schreckensnacht des Halloween gefeiert – etwas voreilig, denn Trump war noch gar nicht gewählt. Immerhin ist er die gruseligste aller vorstellbaren Gruselgestalten. Bei seinem Anblick würde selbst ein Frankenstein schreiend vor Schrecken aus allen Nähten platzen. 

 

Die Schocky Horror Nonfction Show der US-Wahl lief dann in der Qualnacht des Dienstag über alle Kanäle und Internet-Kloaken. Dass Trump noch einmal zum Insassen des Weißen Hauses (in diesem Fall: des Weißen Irrenhauses) gekürt werden würde, konnte sich ein halbwegs gesunder Menschenverstand nur mit der Anstrengung perversester Phantasie vorstellen. Und dennoch kam es im Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten zu einer hirnrutschartigen Mehrheit, als der halloweenige Untote massenhaft zum ‚President elect‘ gekürt wurde. 

 

II.

Ach, e-leckt mich doch, möchte man stöhnen. Doch das wäre mal wieder die typisch intellektuelle Überheblichkeit eines linksversifften Arroganzlers, der einfach kein menschlich-emphatisches Verständnis aufbringen kann für das einfache People of America.

 

Übrigens fehlte mir diese Einfühlsamkeit schon bei den letzten östlichen Landtagswahlen, obwohl in den einschlägigen Journalen des Zeitgeistes immer wieder gefordert wurde, dass man Verständnis aufbringen müsse für die vaterländischen Seelenschmerzen der AfD-Wähler. Ich gebe zu, ich bin nicht besonders verständnisinnig. Ich halte es da mit Wiglaf Droste, der meinte: Man muss nicht an jeder Mülltonne riechen, um festzustellen, dass sie stinkt. Aber es gibt ja etliche Motivforscher in den Medien, die über einen einfühlsameren Riecher verfügen. 

 

‚Soulsearching‘ nennt sich so etwas in den USA. Da hatten sich schon nach der ersten Trump-Wahl im Jahr 2017 viele amerikanische Linke und Liberale tief zerknirscht gezeigt, weil sie zuvor so gar kein Verständnis gezeigt hätten für die Kümmernisse der weißen, südstaatlichen Durchschnittswähler. Diese Wähler hatten schließlich schwer zu leiden unter dem gnadenlosen Gesinnungsterror der political correctness – zum Beispiel darunter, dass man schwarze Amerikaner nicht mehr so anreden darf wie es sich eigentlich gehört, wo die doch alle mit Nachnamen Nigger heißen. Und nachdem sich schon einmal ein Schwarzer als Präsident im Weißen Haus eingeniggert hatte, besaß nun tatsächlich eine schwarze Frau die Frechheit, es ebenfalls zu versuchen, so dass das Trumpsche Wahlvolk nur noch verzweifelt rufen kann: Make the White House white again. 

 

Ganz zu schweigen von dem abartigen Ansinnen, sexuelle Übergriffe gegen Frauen gesellschaftlich und juristisch stärker zu ächten und zu verfolgen. Unvorstellbar. Damit wäre das erste Trumpsche Gebot außer Kraft gesetzt, das da lautet: Grab them by the pussy!

 

All diese Forderungen waren Angriffe auf die ganz alltäglichen Lebensgewohnheiten des normalen weißen Südstaatlers, eine frontale Attacke auf seine kulturelle Identität. Und offenbar war das bei der jetzigen US-Wahl nicht nur in den Südstaaten so. Sogar viele Schwarze wählten Trumps white supremacy. 

 

III.

Im katholischen Irland glaubte man einst, dass am Halloween-Abend alle Toten sich noch einmal auf Erden versammeln, weshalb es besser wäre, sich selbst zu skelettieren, zumindest kostüm-mässig, damit man nicht unangenehm auffallen würde bei diesem Massenmeeting der endgültig Verknöcherten. 

 

Eine solche Zombievereinigung der schon Halbverwesten gibt es auch in Deutschland, und die ist das ganze Jahr über im Einsatz. Sie läuft unter der Bezeichnung FDP. Diese Lazarusse verbreiten immer wieder die hoffnungsvolle Botschaft: Es gibt ein Leben nach dem Hirntod. 

 

Inzwischen findet allerdings sogar der Kanzler, dass diese frei-debilen Grufties politisch eingesargt gehören. (Auch dafür haben wir im November einen Gedenktag, nämlich den Volkstrauertag; vor tausendjährigen Urzeiten noch ‚Heldengedenktag‘ genannt; damals der Tag der Kriegsgräber-Vorsorge.)

 

Scholzens Erkenntnis kommt ein bißchen spät. Wenn am 20. November der Buß- und Bettag auf dem Kalender steht, werden er und sein verbliebener Habeck wahrscheinlich eine knierutschende Büßer-Prozession rund ums Kanzleramt machen, weil sie allzulange bei ihrem unflotten Dreier auf der Koalitionsmatratze herumgelindnert haben.

 

IV.

Unsere parlamentarische Demokratie hatte durch diese Ampel-Koalition ein gravierendes Problem, weil nämlich die sogenannte Opposition im Bundestag total überflüssig geworden war. Die FDP hatte diese Rolle voll übernommen , und zwar innerhalb der Regierung.  

 

Welchen Kurs die SPD oder die Grünen auch immer steuern wollte, die FDP steuert sofort dagegen als permanenter Geisterfahrer. Und wie hat es einst der Kollege Urban Priol so treffend gesagt: Die Geisterfahrer sind die einzigen in Deutschland, die sich noch entgegenkommend verhalten. Und der Wähler hat diese freidemokratische Geisterfahrerei großzügig honoriert. In Sachsen und Thüringen und Brandenburg hatte die FDP ganz überraschend mit Bravour die Null-Komma-Fünf-Prozent-Hürde mühelos überwunden. Man sollte auch mal festhalten, dass es bei diesen Wahlen nicht nur unerfreuliche Ergebnisse gegeben hat.

 

V.

Nun habe ich mich trotz meines Faibles für den novemberlichen Trübsinn für ein paar Wochen ins etwas mehr besonnte deutsche Ausland zurückgezogen, also nach Mallorca. Hier hatte ich auch zwei ausverkaufte Vorstellungen, bei denen ich auch mein neues Buches „Männer, Macht und Mythen“ vorgestellt habe. Inzwischen erreichen mich immer wieder per e-Mail Bestellungen von Menschen, die mein Machwerk von mir signiert erstehen wollen. Das mache ich natürlich gerne, kann das aber erst tun nach meiner Rückkehr Ende dieses Monats. (Bestellungen unter: kontakt@martin-buchholz.de. Ein Buch kostet 20 € plus 3€ Versandkosten. Bei Mehrfachbestellungen entfallen die Versandkosten.)

 

Ansonsten kann man das Buch, allerdings unsigniert, in jeder Buchhandlung, aber auch beim Verlag erstehen:  https://www.shoptyr.de/Buchholz-Martin-Maenner-Macht-und-Mythen. Als e-book gibt es das Oeuvre auch bei allen Internet-Buchhändlern.

 

Bis zum nächsten Mal! Welche Schauerlichkeiten auch immer noch auf uns zukommen mögen, denken Sie an mein Motto: Kotzalledem!

 

Ihr Martin Buchholz

 

PS. Die Dezember-Vorstellungen bei den Berliner „Wühlmäusen“ sind restlos ausverkauft. Karten gibt es noch für die Veranstaltungen im April 2025.

Kartenbestellungen für Sonntag, den 6. April 2025, unter:

https://wuehlmaeuse.de/veranstaltung/martin-buchholz-gestammelte-werke/ticket/41357/

Kartenbestellungen für Sonnabend, den 12. April 2025, unter:

https://wuehlmaeuse.de/veranstaltung/martin-buchholz-gestammelte-werke/ticket/41366/