Zapfenstreicheleinheiten
für einen Ex
Nr. 535 – vom 9. März 2012
Unser Bundes-Ex, der so allerhand verzapft hat mit allzeit offenem Händchen, wurde zum Abschied noch einmal zapfengestreichelt. Während auf dem Hof des Staatsschlosses der übliche Befehl ans Soldatenvolk ertönte: „Kopf ab zum Gebet!“, tröteten draußen vor den Toren ein paar hundert der Wulffschen Ex-Bürger ihren hartherzigen Protest neidhammelig in den Nachthimmel, dem Versorgungsfall seine mickrige Sozialhilfe als Ehrensöldner mißgönnend. Doch sein Motto war ja stets: „Ein Politiker muß auch was einstecken können.“ So mußte er auch dieses dissonante Ständchen wegstecken, das seine Ex-Bürger ihm als kleine Nachtmusik darboten. Die Kakaphonie „einer typischen Berliner Geräuschkulisse“, wie die FAZ vornehm anmerkt. Nicht gerade das Wunschkonzert, daß der Ex sich erhofft hatte. Auch sein Good-bye-Song, den er sich vom Salonorchester der Bundeswehr erbeten hatte, wurde grausam übertrötet. Er hatte sich den Ohrenschmalzwurm „Somewhere over the rainbow“ ausgesucht, den einst eine pubertäre Judy Garland in dem Film „Der Zauberer von Oz“ gesungen hat. Ein knallig bonbonbuntes Kitsch-as-Kitsch-can aus längst vergangenen MGM-Zeiten. Da schmachtet sich Judy backfischig in ein sehnsuchtsfernes Traumland – und ich vermute mal, daß damit nicht die niedersächsische Eigenheim-Einöde von Großburgwedel gemeint war. In diesem Lied wünscht sie sich hinfort auf einen Stern, „where trouble melts like lemon drops“, wo die Probleme hinwegschmelzen wie Zitronenbonbons. Damit hätte es sich auch für den albträumenden Wulff endgültig ausgetroubelt. Wahrlich, ein würdiges Lullaby für einen abgelutschten Drops.
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Apropos... Auch ich habe sie schon einmal besungen, nein, nicht die göttliche Judy Garland, sondern die schillernde Iris, einst bei den Griechen die Göttin des Regenbogens, die uns aus der Schnödigkeit der Realität entrückt ins Exterritoriale. In meinem neuen Buch „Geh!Denken – Geh!Dichte“ (hier zu bestellen) findet sich dieses Sonett:
Somewhere under the rainbow
Nein, ich verschwende meine Liebe nicht an Götter,
verhimmele mir keine Seligkeit.
Bin gegen solche Brünstigkeit gefeit.
Eine Berufskrankheit der Spötter.
Und doch erscheint im Regenbogenkleid
mir eine Göttin dort nach schwerem Regenwetter,
auf daß die Seele jubelnd schmetter‘
die Hymne ihrer Herrlichkeit.
Iris, du Schönste, schlägst den hohen Bogen
vom Irdischen in überird‘sche Sphären.
Hast mich in deinen Zauberbann gezogen.
Doch g‘rad, als meine Sinne sich an dir verzehren,
schwindet dein Bild. Und ich steh‘ da betrogen.
Nein, eine Göttin sollt‘ man nicht begehren.