Bekenntnisse

Frau Doktor 

und ihre Doktorspielchen

Nr. 555 – vom 19. Oktober 2012
Für die politische Zukunft unserer Bildungsministerin schavant einem nichts Gutes. Die öffentliche Prüderie will einfach nicht hinnehmen, daß ihre spätpubertären Doktorspielchen eigentlich längst verjährt sind. Noch hält die Kanzlerin zu ihr. „Die Ministerin hat mein vollstes Vertrauen“, diagnostizierte Frau Dr. Merkel. Immerhin ist sie die Ober-Doktorin in einem Haufen promovierter Schwerstarbeiter (auch wenn man mit einer Doktorarbeit nicht unbedingt zur Arbeiterklasse zählt). Immerhin haben neun von ihren Kabinetts-Insassen zwei Extra-Buchstaben vor ihrem Namen. Die hatten schon früh den „Dr.“ raus. Nein, nicht „Dr.“ wie doktorinäre Dreistigkeit. Es wäre unfair zu behaupten, daß es sich bei diesem Bundeskabinett generell um ein Abschreibungsunternehmen handelt.
 
Die Kanzlerin hat ihren Doktor übrigens in Naturwissenschaften gemacht, nicht etwa in Germanistik. Sonst wüßte sie vielleicht, daß man gewisse Superlative meiden sollte, die von der Sprachlogik her einfach nicht funktionieren. Schon ein „volles Vertrauen“ ist eine ziemliche Leerfloskel (wäre doch der Gegensatz ein „leeres Vertrauen“). Ein „vollstes Vertrauen“ als schwachstsinnigste Steigerungsform zeigt nur an, daß die Sprecherin sich dieses Vertrauens nicht sicher ist, weshalb sie es in sinnloser Übertreibung aufs Übervollste beschwören muß. Tscha, so was kommt von so was – nämlich daher, daß wir schon als Kinder lernen, daß man nicht mit vollem Munde reden darf; umso ungenierter kann man es mit leerem Hirn tun.
 
Apropos: Kennse den? Eine Ministerin trifft am Flughafen einen alten Bekannten. Der fragt sie, ob sie neben den Lasten ihres Amtes überhaupt noch Zeit für andere Interessen habe. „Nun ja“, antwortet die Ministerin, „ich schreibe immer noch ab und zu.“ – „Ach“, staunt ihr Gegenüber, „neuerdings auch zu?“
 
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Peer Steinbrück, der begnadete Vortragskünstler, teilt uns in verschiedenen Interviews mit, daß er bei seinen Auftritten vor Banken und Versicherungen nie um die Liebe seines besserverdienenden Publikums gebuhlt habe. Er sei nicht die Hure des Kapitals, läßt er uns wissen. Das glaube ich ihm auch. Zur Beschreibung des Arbeitsfeldes einer Hure gehört es ja, daß sie beim Feld-Einsatz, also beim Ackern, die Beine breit macht. Und das hat Steinbrück gewiß nicht gemeint, als er von seiner Partei mehr Beinfreiheit gefordert hat. Oder?
 
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Die CSU kämpft weiter bis zur letzten Patrone. So hatte es Seehofer schon im letzten Jahr krachledern angedroht: „Wir werden uns gegen Zuwanderung ins deutsche Sozialsysteme wehren – bis zur letzten Patrone.“ Auf ihrem heute beginnenden Parteitag begibt sich die CSU selbst mal wieder auf die Wanderschaft ins deutsche Sozialsystem. Allerdings wandert sie nicht zu, sondern unter. Schließlich ist man schon lange dabei, das soziale System der öffentlichen Erziehung in Kinderkrippen und Kindergärten zu unterwandern. Die ländlichen Mamis mit dem altbayrisch eingerichteten Oberstübchen, die von den Christlich-Asozialen besonders liebevoll betreut werden, sollen mit vielen Betreuungs-Euros noch besser alimentiert werden als bisher. Und diese Ballaballa-Prämie für die Heimführung der Frauen an den Herd will der oberste CSU-Patron nun endgültig bis zum Endsieg verballern.
 
Nun gibt es ja genügend preußische Wirrköpfe, die meinen, daß solche Milliarden-Extras in Zeiten der Finanzkrise den Schuldenberg in den fiskalischen Alpen nur noch mehr anwachsen ließen. Aber von diesen bayrischen Gipfeln herab hat man auch einen besseren Überblick. So kam der dortige Finanzminister Markus Söder zu der überraschenden Einsicht, wer eigentlich schuld sei an der ganzen Kriselei. Nämlich ich! Jawohl, er hat mich enttarnt als einen der Hauptschuldigen. Er hat mich allerdings nicht direkt beim Namen genannt, sondern sprach mehr allgemein von mir und meinesgleichen. „Die Verantwortlichen für die Krise in Deutschland sind die Alt-68er. Die Apo-Opas haben das Land in die Krise geführt.“
 
Damit hat er mir schonungslos die großväterliche Maske von der apo-kalyptischen Visage gerissen. Er hat mir endgültig den Rest gegeben. Und der Rest ist – beschämtes Schweigen. Zumindest bis zum Sonntag, wenn ich bei den „Wühlmäusen“ dann doch wieder schamlos die unverschämte Klappe aufreiße.