Advent, Advent:
Steinbrück zum Zweiten!
Nr. 562 – vom 7. Dezember 2012
Am kommenden Sonntag gehen uns nun schon zwei Lichter auf. Auch auf dem SPD-Parteitag wird dann Advent gefeiert, wenn der Partei endlich der Erlöser erscheint und triumphalen Einzug halten wird: Macht hoch die Tür, die Tor’ macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit...
Nee, Buchholz, stopp! Über Peer Steinbrück sollte ich wirklich keine Witze machen. Das gehört sich nicht unter Kollegen. Schließlich ist er wie ich als Vortragskünstler auf Tournee. Auch wenn bei mir der quittegelbe Neid erwacht, wenn ich höre, welche Gagen er für einen halbstündigen Vortrag kassiert. Von so gut bezahlter Kurzarbeit kann ich nur träumen.
Nun gibt es unter seinen Genossen allerhand Gemaule, weil er kurz vor dem Parteitag noch einen Gig absolvieren wollte, also einen Extra-Auftritt vor seinem eigentlichen Publikum, der üblichen Banken-Klientel. Im Willy-Brandt-Haus, so lese ich, werfen ihm einige Spitzen-Sozis hinter vorgehaltener Hand „mangelndes Fingerspitzengefühl“ vor. Das ist ein ungerechter Vorwurf. Der Mann hat sein Fingerspitzengefühl zur Genüge bewiesen. Schließlich braucht er es, wenn er all die Scheinchen zählt, die ihm nach seinen Auftritten von wohlwollenden Gönnern zugesteckt werden.
Aktuell jedenfalls war die Säuernis groß, weil sich Steinbrück für den gestrigen Donnerstag bei der Privatbank Sarasin eingebucht hatte. Doch bevor er dort zur Tournee-Visite erscheinen konnte, hatte die Bank schon Besuch von der Staatsanwaltschaft. Eine Razzia wegen des Verdachts der „massiven Steuerhinterziehung“, wie es in den Meldungen heißt. Aber was heißt da: massiv?! Es geht lediglich um läppische 124 Millionen Euro, die offenbar nicht ganz legal weggeschummelt wurden. Peanuts, wie man in Bankenkreisen sagt. Doch Steinbrück befürchtete wohl, daß seine Genossenschaft das nicht ganz so peanuttig sehen würde. Darum sagte er kurzfristig sein Solo ab. Es macht sich vielleicht doch nicht so gut, dem wählenden Steuerzahler so direkt die enge Verbundenheit mit millionenschweren Steuerbetrügern vorzuführen.
Inzwischen hat sich übrigens herausgestellt, wie „Die Zeit“ gestern berichtete, daß ein ehemaliger Finanzminister an diesem Steuerbetrug nicht ganz unschuldig ist. Damals wurden in seinem Hause Gesetzesvorschriften für die Gewinne aus Aktien und Dividenden erlassen, die so schlampig und schwammig formuliert waren, daß sie geradezu zur Steuerhinterziehung einluden. Nun kann man dem ehemaligen Fiskal-Oberaufseher allerdings nicht vorwerfen, daß er diese Vorschriften selbst verfaßt habe. Nein, sie waren wortwörtlich übernommen worden aus einem Schreiben des Verbandes deutscher Banken. Schlicht und einfach abgeschrieben. Aber es ist mehr als unwahrscheinlich, daß dem Ex-Minister nun eine Plagiatsaffäre droht. Die Banken haben ihre urheberrechtlichen Ansprüche an diesen Gesetzestexten auch nie öffentlich geltend gemacht. Erst jetzt kam die Generalanwaltschaft in Frankfurt im Zuge ihrer Ermittlungen dahinter, daß die gesetzlichen Vorschriften eigentlich Abschriften sind. Die Vorschriften hatten die Banken-Bosse gemacht, indem sie dem damaligen Finanzminister klar vorgeschrieben hatten, was im Gesetz zu stehen hat.
Nun ja, das alles brauchte die SPD auf ihrem Parteitag nicht weiter zu tangieren. Es trifft sich nur ausgesprochen dumm, daß dieser Ex-Minister blöderweise den selben Namen trägt wie der zu kürende Kanzlerkandidat. Es gibt ja manchmal Zufälle, die gibt es gar nicht. Und wie leicht kann es da zu Verwechslungen kommen.
Ausgerechnet von der CDU und ihrem Fraktions-Chef Kauder wird dem Kandidaten jetzt vorgeworfen, daß er sich mit seinen Auftritten als Liebesdiener des Kapitals millionenschwer verdient gemacht hätte. Steinbrück reagierte darauf dünnhäutig: Er sei nicht die Hure des Kapitals, versicherte er empört. Das sei nicht sein Arbeitsfeld. Nun gehört es ja zum Arbeitsfeld einer Hure, daß sie bei der Feldarbeit, also beim Ackern, die Beine breit macht. Doch ich glaube nicht, daß Steinbrück das gemeint hat, als er von seiner Partei mehr Beinfreiheit gefordert hat.
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