Bekenntnisse

Endlich: Ein Fingerzeig
von Steinbrück

Nr. 588 – vom 13. September 2013
Noch immer sind die monströsen Patschehändchen, die am Berliner Hauptbahnhof zur allgemeinen Abschreckung ausgehängt sind, die bislang einzige weithin sichtbare Handreichung im Wahlkampf. Die Kanzlerin streckt uns ihre Patsche hin und der Wähler wird wieder einmal zu spät merken, dass er in derselben steckt. Denn nach der Wahl wird er sehen, wie eiskalt dieses Händchen ist. Dann gibt’s als Handreichung der Regierung mal wieder kräftig eins hinter die Ohren. Oder – für süddeutsche Leser: Es gibt a Watsch’n. Wie gehabt: „Big Mother is watsching you!“
 
Doch mittlerweile gibt es symbolische Konkurrenz. In der letzten Woche hatte die „Süddeutsche Zeitung“ noch gehöhnt, der SPD-Kanzlerkandidat verfüge leider über kein einziges Körperteil, das als Einzelstück derart überdimensioniert vorzeigbar wäre. Und nun ist auf einmal durch das Titelbild des neuen SZ-Magazins der Stinkefinger Steinbrücks in aller Munde. Nun ja, vielleicht ist er nicht in aller Munde, doch immerhin steckt er tief in den Schlabbermäulchen der FDP-Bubis Rösler und Bahr, die voller moralischer Empörung an diesem Stinkefinger nuckeln, um noch etwas Honig für den Wahlkampf daraus zu saugen.
 
Jedenfalls fände ich es eine tolle Idee, wenn zum Ausgleich für Merkels Monstergriffel am Hauptbahnhof jetzt der Fernsehturm in Berlins Mitte turmhoch geschmückt werden würde mit Steinbrücks hochgerecktem Rektal-Digitus (so nennt sich der entsprechende Zeigefinger auf Latein). Bei den Jungwählern könnte das reichlich Stimmen bringen, würde der Kandidat doch zeigen, dass er voll im digitalen Zeitalter angekommen ist. Da müsste die SPD nun allerdings schnell reagieren. Da heißt es: Dalli! Dalli! Vielleicht könnte der Steinbrück dann doch noch in der Wahlnacht einen Freuden-Hüpfer machen und mit hochgerecktem Stinkefinger ausrufen: „Spiiiitze“.


Warum die SPD zweitstimmig
für die FDP sein muß

 
Selbstverständlich werde ich dem Steinbrück kräftig die Daumen drücken (zur Not auch alle Stinkefinger), dass er von seinen Albträumen in der Wahlnacht erlöst werde. Denn letztlich kann ihm nur noch ein Wahlsieg helfen – und zwar ein Wahlsieg der FDP. Zumindest ein Wahlsiegchen sollte es sein, damit den Brüderles über die Fünf-Prozent-Hürde geholfen wird. Ich höre schon jetzt das heisere Gekeuch, das auf der Intensivstation ausbrechen wird, wenn die FDP-Lazarusse beseligt in ihrem Koma stöhnen: „Siech! Siech!“ Das jedenfalls ist die einzige Hoffnung, die der SPD noch bleibt. Ansonsten bliebe ihr nach der Wahl nur noch die Nachwahl – nämlich die zwischen Großer Koalition und politischem Selbstmord. Eine Alternative, die so verlockend ist wie die Wahl zwischen Zyankali und Strychnin. Aber es gibt nun mal unterschiedliche Geschmäcker – auch und gerade bei der SPD.
 
Bei den Grünen hat sich Trittin ohnehin schon suizidal versteuert. Damit hätte er rechnen müssen. Die Mittelmaß-Wähler des grünen Mittelstands sind sowieso nur kurzfristig der FDP entlaufen, und die werden schnell wieder abtrünnig, wenn die ehengattengesplittete Vorteilsnahme gefährdet ist. Ansonsten ist man natürlich für eine gerechte Gesellschaft. Nur soll es auch beim Teilen gerecht zugehen – und zwar zu gleichen Teilen. So haben die einen den Vorteil und die anderen den Nachteil.