Der Wähler hat entschieden
Nr. 589 – vom 20. September 2013
Uff! Aus und vorbei! Finito! Die Wahl ist gelaufen – zumindest für mich. Ein Kreuz – und danach drei Kreuze!
Ich habe das Kreuz, das ich später zu tragen habe wie jeder Wähler, schon in der vorletzten Woche hinge-ixt. Man hatte extra für mich in einem weit abgelegenen Rathaus eine Wahlkabine aufgebaut, wo ich ungestört von den Blitzlichtern der Polit-Paparazzis meine Entscheidung einschlitzen konnte. Danach bin ich ausser Landes geflüchtet, falls meine Wahlentscheidung vorzeitig bekannt werden sollte und irgendein Kandidat mich zur Rechenschaft ziehen wollte. So hocke ich hier in einem Café irgendwo an irgendeiner Riviera (in diesem Fall einer türkischen) und labtoppe vor mich hin. Gerade jaulen und jammern Heerscharen von Muezzins per Lautsprecher von mindestens tausend Minaretten im Umkreis. Ein trommelfellzerreissender Wettkampf um die Stimmführerschaft im islamistischen Phon-Terror.
Von Stimmführerschaft kann man in meinem Fall wohl nicht sprechen – zumindest nicht, wenn es um politische Wahlen geht. Fragen Sie mich nicht, was ich gewählt habe. Meine Entscheidung ruhet in Frieden in einer staatlichen Urne, und über Verblichene soll man nichts Schlechtes reden. Denn, ganz unter uns, meine Entscheidung hatte zu Lebzeiten eine ziemliche Schizo-Macke. Bei mir wusste die Erststimme nicht, was die Zweitstimme tat. Ich habe es auch vor beiden strikt verheimlicht. War schließlich ‘ne geheime Wahl.
Vorsichtshalber habe ich beide Stimmen abgegeben. Ich wollte sie nicht ständig mit mir herumschleppen. Und ich fühle mich ohne sie auch viel besser. Das Gezänk zwischen den beiden war nicht mehr auszuhalten; sie waren einfach zu widersprüchlich.
Ich glaube nicht, dass meine Stimmen sehr viel Unheil anrichten werden. Bei früheren Wahlen las und hörte man ja des Öfteren, dass Wähler ihre Stimme ganz falsch abgegeben hätten. Die hatten zu Risiken und Nebenwirkungen nicht rechtzeitig ihre zuständige Kanzlerin befragt. Besonders viele Ost-Stimmen waren von dieser Fehlentscheidung betroffen, weil etliche Ossis auch nach über 20 Jahren Übungsmöglichkeit noch immer nicht richtig wählen gelernt haben und ihr Kreuz frech an eine Stelle machen, wo es einfach nicht hingehört. Darüber empört sich dann mancher anständige West-Politiker mächtig und kriegt vor lauter Ärger Pickel. Deshalb nennt man diese Stimmen ausschlaggebend.
Für mich jedenfalls findet kein Wahlkampf mehr statt. Aller Stimmen bar und mithin unbeschwert schippere ich derzeit mit meiner Liebsten und mit einer Gruppe englischer Freunde auf einem großen türkischen Segelkahn, einem Gulet, durch einsame Buchten. Nur gelegentlich erwacht mein politisches Gewissen. Dann pinkele ich dem Herrn Erdogan frech in seine Hoheitsgewässer. (So’n bisschen Widerstand kann ich mir denn doch nicht verkneifen, auch wenn die Rebellion arg verwässert ist.)
Doch eines muss ich Ihnen zur Wahl noch sagen, damit es später nicht zu unangenehmen Verwechslungen kommt: Wenn Sie irgendwann in der unerbittlich nahenden Wahlnacht die anklagende Verkündung hören „Der Wähler hat entschieden!“ – , dann dürfen Sie davon ausgehen: Der Wähler, der da entschieden haben wird, werde garantiert nicht ich sein. Ich bin schon jetzt absolut sicher: Das wird mal wieder ein anderer Wähler gewesen sein.
Ich habe das Kreuz, das ich später zu tragen habe wie jeder Wähler, schon in der vorletzten Woche hinge-ixt. Man hatte extra für mich in einem weit abgelegenen Rathaus eine Wahlkabine aufgebaut, wo ich ungestört von den Blitzlichtern der Polit-Paparazzis meine Entscheidung einschlitzen konnte. Danach bin ich ausser Landes geflüchtet, falls meine Wahlentscheidung vorzeitig bekannt werden sollte und irgendein Kandidat mich zur Rechenschaft ziehen wollte. So hocke ich hier in einem Café irgendwo an irgendeiner Riviera (in diesem Fall einer türkischen) und labtoppe vor mich hin. Gerade jaulen und jammern Heerscharen von Muezzins per Lautsprecher von mindestens tausend Minaretten im Umkreis. Ein trommelfellzerreissender Wettkampf um die Stimmführerschaft im islamistischen Phon-Terror.
Von Stimmführerschaft kann man in meinem Fall wohl nicht sprechen – zumindest nicht, wenn es um politische Wahlen geht. Fragen Sie mich nicht, was ich gewählt habe. Meine Entscheidung ruhet in Frieden in einer staatlichen Urne, und über Verblichene soll man nichts Schlechtes reden. Denn, ganz unter uns, meine Entscheidung hatte zu Lebzeiten eine ziemliche Schizo-Macke. Bei mir wusste die Erststimme nicht, was die Zweitstimme tat. Ich habe es auch vor beiden strikt verheimlicht. War schließlich ‘ne geheime Wahl.
Vorsichtshalber habe ich beide Stimmen abgegeben. Ich wollte sie nicht ständig mit mir herumschleppen. Und ich fühle mich ohne sie auch viel besser. Das Gezänk zwischen den beiden war nicht mehr auszuhalten; sie waren einfach zu widersprüchlich.
Ich glaube nicht, dass meine Stimmen sehr viel Unheil anrichten werden. Bei früheren Wahlen las und hörte man ja des Öfteren, dass Wähler ihre Stimme ganz falsch abgegeben hätten. Die hatten zu Risiken und Nebenwirkungen nicht rechtzeitig ihre zuständige Kanzlerin befragt. Besonders viele Ost-Stimmen waren von dieser Fehlentscheidung betroffen, weil etliche Ossis auch nach über 20 Jahren Übungsmöglichkeit noch immer nicht richtig wählen gelernt haben und ihr Kreuz frech an eine Stelle machen, wo es einfach nicht hingehört. Darüber empört sich dann mancher anständige West-Politiker mächtig und kriegt vor lauter Ärger Pickel. Deshalb nennt man diese Stimmen ausschlaggebend.
Für mich jedenfalls findet kein Wahlkampf mehr statt. Aller Stimmen bar und mithin unbeschwert schippere ich derzeit mit meiner Liebsten und mit einer Gruppe englischer Freunde auf einem großen türkischen Segelkahn, einem Gulet, durch einsame Buchten. Nur gelegentlich erwacht mein politisches Gewissen. Dann pinkele ich dem Herrn Erdogan frech in seine Hoheitsgewässer. (So’n bisschen Widerstand kann ich mir denn doch nicht verkneifen, auch wenn die Rebellion arg verwässert ist.)
Doch eines muss ich Ihnen zur Wahl noch sagen, damit es später nicht zu unangenehmen Verwechslungen kommt: Wenn Sie irgendwann in der unerbittlich nahenden Wahlnacht die anklagende Verkündung hören „Der Wähler hat entschieden!“ – , dann dürfen Sie davon ausgehen: Der Wähler, der da entschieden haben wird, werde garantiert nicht ich sein. Ich bin schon jetzt absolut sicher: Das wird mal wieder ein anderer Wähler gewesen sein.