Lampedusa –
oder: Das Boot ist voll!
Nr. 591 – vom 11. Oktober 2013
Der Noch-Minister für unser deutsches Innere – ein Volksaufhetzer namens Friedrich – schlägt mal wieder Alarm. Das deutsche Vaterland droht zum x-ten Mal unterzugehen – und zwar in einem Flüchtlingsstrom bzw. in einer neuen Asylantenflut. Und ehe wir hier absaufen, sollen es lieber die Flüchtlinge tun. Das Mittelmeer ist schließlich groß genug.
Nun liegt Lampedusa nicht direkt vor der deutschen Haustür, so dass uns hier keiner ungebeten ins Haus schippern kann. Aber darum geht es gerade – nämlich, dass die Randstaaten Europas, an deren Küsten die Flüchtlinge landen, diese nicht weiterschicken können in andere Staaten der europäischen Union. Das nennt man Drittstaaten-Regelung. Und an der will der Herr Friedrich unbedingt festhalten, eben weil wir sonst überflutet werden würden. Die Forderung, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, sei ihm „unbegreiflich“.
Zur Zeit kann er jeden politisch Verfolgten an deutschen Grenzen zurückweisen. Schließlich sind wir regelrecht umzingelt von sicheren Drittländern – und ein bisschen Drittwasser. Auf diese Weise kommt uns keiner über die deutsche Schwelle.
Und der Rest, der auf dem Luftweg anreist? Diese um uns herumschwirrenden Luftraum-Asylanten dürfen den Boden des Grundgesetzes erst gar nicht betreten. Die werden nämlich im Transitbereich festgehalten und dürfen ihn bis zu ihrer Abschiebung nicht verlassen. Das nennt man ein „vereinfachtes Asylverfahren“, denn im Transitbereich ist die Exekutive noch weitgehend von grundgesetzlichen Pflichten frei – pflichtfrei, also dutyfree. Da kann die Exekutive noch frei exekutieren...
Herr Friedrich erklärt uns noch einmal, was uns alle anderen Oberaufseher vor ihm auch schon erklärt haben. Nämlich, dass es sich bei diesen flüchtigen Besuchern gar nicht um politisch Verfolgte handelt, sondern um Wirtschaftsflüchtlinge. Und im Westen der Republik hatten wir ursprünglich überhaupt nichts gegen Wirtschaftsflüchtlinge. Vor mehr als zwei Jahrzehnten haben wir schließlich fast 17 Millionen von denen aufgenommen; und die haben sich auch zunächst als politisch Verfolgte ausgegeben. Aber jetzt ist das Boot voll, und wer trotzdem in unser Boot will, der kommt in den Kahn – also in den Abschiebeknast. Wem das nicht passt, dem steht es frei, sich selber abzuschieben – über den Jordan. Und wie die Selbstmord-Statistiken aus diesen Knästen beweisen, wird von diesem Fluchtweg auch reichlich Gebrauch gemacht.
Wenn jemand mit derart endgültiger Konsequenz sein Asylbegehren durchzusetzen versucht, wird das auch honoriert. In so einem Fall hat noch keine deutsche Behörde das dauerhafte Bleiberecht verweigert. Allerdings nicht auf deutschem Boden, sondern unter demselben. Was zugleich beweist, dass das Grundgesetz nicht oberflächlich ausgelegt wird.
Ganz nebenbei: Als am 13. August mal wieder rituell der Mauertoten gedacht wurde, die Opfer eines Regimes wurden, das sich brutal abgeschottet hatte – wer gedachte da der Tausenden von Toten, die bislang schon Opfer des europäischen Abschottungs-Regimes wurden? Die hiesige weiße Herrenrasse (die Damenrasse inklusive) ließ sie und lässt sie gnadenlos verrecken an den Asyl-Mauern der Festung Europa. Gestern nun haben die Oberwachtmeister der EU beschlossen, die Jagd auf Flüchtlinge noch effizienter zu gestalten. Die müssen mit allen Mitteln davon abgehalten werden, in die Nähe der europäischen Hoheitsgewässer zu kommen, weil sie sonst zumindest das Menschenrecht auf einen Asylantrag hätten. Und das muss menschenrechtlich unbedingt verhindert werden. So soll zur Freude der Rüstungsindustrie das modernste Waffenarsenal zum Einsatz kommen – also Drohnen, Satelliten und Radarsysteme. Euro-Sur nennen sich die hochgerüsteten Militärkampftruppen, die da massiv zum Einsatz kommen. Dagegen war der Eiserne Vorhang mitsamt Mauer im einstigen Euro-East militärtechnisch gesehen eine armselige Veranstaltung.
Slavoj Zizek, der slowenische Psychiater an der europäischen Couch, nannte das den neuen Rassismus der neuen Imperialisten (Wochenschauer 7.5.2004). Nun, so neu ist das alles inzwischen nicht mehr – weder der Imperialismus noch der Rassismus.
+++
PS: Sie können mich – ja, mein neues Programm "Macht!Menschen" bringe ich vermutlich auch mit – erleben am Sonnabend, 19. Oktober 2013, in der Magdeburger Zwickmühle, am Sonnabend, 26. Oktober 2013, in der Leipziger Pfeffermühle und am Montag, 28. Oktober 2013, in Hamburg in Alma Hoppes Lustspielhaus.
Nun liegt Lampedusa nicht direkt vor der deutschen Haustür, so dass uns hier keiner ungebeten ins Haus schippern kann. Aber darum geht es gerade – nämlich, dass die Randstaaten Europas, an deren Küsten die Flüchtlinge landen, diese nicht weiterschicken können in andere Staaten der europäischen Union. Das nennt man Drittstaaten-Regelung. Und an der will der Herr Friedrich unbedingt festhalten, eben weil wir sonst überflutet werden würden. Die Forderung, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, sei ihm „unbegreiflich“.
Zur Zeit kann er jeden politisch Verfolgten an deutschen Grenzen zurückweisen. Schließlich sind wir regelrecht umzingelt von sicheren Drittländern – und ein bisschen Drittwasser. Auf diese Weise kommt uns keiner über die deutsche Schwelle.
Und der Rest, der auf dem Luftweg anreist? Diese um uns herumschwirrenden Luftraum-Asylanten dürfen den Boden des Grundgesetzes erst gar nicht betreten. Die werden nämlich im Transitbereich festgehalten und dürfen ihn bis zu ihrer Abschiebung nicht verlassen. Das nennt man ein „vereinfachtes Asylverfahren“, denn im Transitbereich ist die Exekutive noch weitgehend von grundgesetzlichen Pflichten frei – pflichtfrei, also dutyfree. Da kann die Exekutive noch frei exekutieren...
Herr Friedrich erklärt uns noch einmal, was uns alle anderen Oberaufseher vor ihm auch schon erklärt haben. Nämlich, dass es sich bei diesen flüchtigen Besuchern gar nicht um politisch Verfolgte handelt, sondern um Wirtschaftsflüchtlinge. Und im Westen der Republik hatten wir ursprünglich überhaupt nichts gegen Wirtschaftsflüchtlinge. Vor mehr als zwei Jahrzehnten haben wir schließlich fast 17 Millionen von denen aufgenommen; und die haben sich auch zunächst als politisch Verfolgte ausgegeben. Aber jetzt ist das Boot voll, und wer trotzdem in unser Boot will, der kommt in den Kahn – also in den Abschiebeknast. Wem das nicht passt, dem steht es frei, sich selber abzuschieben – über den Jordan. Und wie die Selbstmord-Statistiken aus diesen Knästen beweisen, wird von diesem Fluchtweg auch reichlich Gebrauch gemacht.
Wenn jemand mit derart endgültiger Konsequenz sein Asylbegehren durchzusetzen versucht, wird das auch honoriert. In so einem Fall hat noch keine deutsche Behörde das dauerhafte Bleiberecht verweigert. Allerdings nicht auf deutschem Boden, sondern unter demselben. Was zugleich beweist, dass das Grundgesetz nicht oberflächlich ausgelegt wird.
Ganz nebenbei: Als am 13. August mal wieder rituell der Mauertoten gedacht wurde, die Opfer eines Regimes wurden, das sich brutal abgeschottet hatte – wer gedachte da der Tausenden von Toten, die bislang schon Opfer des europäischen Abschottungs-Regimes wurden? Die hiesige weiße Herrenrasse (die Damenrasse inklusive) ließ sie und lässt sie gnadenlos verrecken an den Asyl-Mauern der Festung Europa. Gestern nun haben die Oberwachtmeister der EU beschlossen, die Jagd auf Flüchtlinge noch effizienter zu gestalten. Die müssen mit allen Mitteln davon abgehalten werden, in die Nähe der europäischen Hoheitsgewässer zu kommen, weil sie sonst zumindest das Menschenrecht auf einen Asylantrag hätten. Und das muss menschenrechtlich unbedingt verhindert werden. So soll zur Freude der Rüstungsindustrie das modernste Waffenarsenal zum Einsatz kommen – also Drohnen, Satelliten und Radarsysteme. Euro-Sur nennen sich die hochgerüsteten Militärkampftruppen, die da massiv zum Einsatz kommen. Dagegen war der Eiserne Vorhang mitsamt Mauer im einstigen Euro-East militärtechnisch gesehen eine armselige Veranstaltung.
Slavoj Zizek, der slowenische Psychiater an der europäischen Couch, nannte das den neuen Rassismus der neuen Imperialisten (Wochenschauer 7.5.2004). Nun, so neu ist das alles inzwischen nicht mehr – weder der Imperialismus noch der Rassismus.
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PS: Sie können mich – ja, mein neues Programm "Macht!Menschen" bringe ich vermutlich auch mit – erleben am Sonnabend, 19. Oktober 2013, in der Magdeburger Zwickmühle, am Sonnabend, 26. Oktober 2013, in der Leipziger Pfeffermühle und am Montag, 28. Oktober 2013, in Hamburg in Alma Hoppes Lustspielhaus.