Staatstragende
Auschwitz-Lügen
Nr. 639 – vom 28. Januar 2015
I.
Gestern hat Gauck mal wieder im Bundestag gedacht. Und zwar der Mordopfer in den Konzentrationslagern. Und er hat beeindruckend gründlich gedacht. Eine gute, nachdenkliche Rede. Ein Plädoyer für ein spätes Nach-Denken. (Meine Kritik an seiner früheren Rhetorik in Sachen Weltkrieg Germanisch II bleibt deshalb nicht ausgespart. Darauf komme ich noch zurück.) Zugleich ist dieses Nach-Denken eben auch nur ein Hinterher-Denken. Ein deutsches Gedenk-Problem, wann immer in diesen Tagen der Nazi-Opfer gedacht wird: In Deutschland wird immer erst hinterher gedacht. Vorher nie.
Wie denn auch? Das deutsche Volk hat doch nie von nichts was gewusst. „Also die Sache mit den Juden, die war wirklich schlimm“, so höre ich noch posthum den Originalton meiner Mutter, „aber davon hat man damals doch nichts gewusst.“ Und in späteren wirtschaftswunderlichen Zeiten wollte man davon dann auch nichts mehr wissen. Wie sprach einst der große bayrische Führer Franz Josef Strauß: „Ein Volk, das diese wirtschaftlichen Leistungen vollbracht hat, hat ein Recht darauf, von Auschwitz nichts mehr hören zu wollen.“
Der für mich wichtigste Satz der Gauck-Rede: „Die meisten Deutschen sprachen sich selbst frei, indem sie Schuld und Verantwortung einer kleinen Zahl von Fanatikern und Sadisten zuschoben.“ Traun fürwahr! Nur diese bösen Nazi-Verbrecher waren an allem schuld. Und mit denen hatten die Deutschen ja nur ganz am Rande etwas zu tun. Es handelte sich bei diesen Nazis offenbar um eine ganz seltsame nicht-humane Spezies. Bis heute weiß doch niemand, wer diese Nazis waren und woher sie gekommen sind. Das war in jenen tausend Jahren offenbar eine unheimliche Begegnung der dritten Art im Dritten Reich. Da sind wohl irgendwelche Aliens auf der Erde gelandet – und die hießen eben nicht Klingonen, sondern Nazis. Blöderweise sind die ausgerechnet in Deutschland gelandet. Und dann haben sie hier die Macht ergriffen und haben eine Zeitlang mit der Macht rumgemacht; und eines Tages waren die alle wieder spurlos verschwunden. Da gab es keinen einzigen Nazi mehr in Deutschland. Das ist zumindest der Stand der deutschen Familienforschung; auch in meiner Familie.
II.
Außer den Nazis waren höchstens noch irgendwelche gesinnungslumpigen Pazifisten als Täter am Holocaust beteiligt. Auf dem Höhepunkt der Friedensbewegung in den frühen Achtzigern klärte uns darüber der einst führende Christdemagoge Heiner Geißler auf. Gnadenlos geißlerte er die Nachrüstungsgegner als potentielle Vergaser. Denn: „Der Pazifismus der dreißiger Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.“ Man sieht, wie gründliche Recherchen in Sachen deutscher Historie immer wieder zu verblüffenden Erkenntnissen führen.
Auch die neuere Geschichtsforschung hat mancherlei historische Überraschung parat. Das zeigte sich auch, als Gauck am 1. September letzten Jahres auf der Westerplatte bei Danzig seine Strafpredigt gegen Kriegsverbrechen gehalten hat. Und zwar gegen russische Kriegsverbrechen – wie er sie in der Ukraine sieht. Das hörte sich so an, als hätten die Russen unter der Führung von Wladimir Putin am 1. September 1939 den 2. Weltkrieg begonnen. Vor drei Wochen wurde diese neue historische Sichtweise in den „Tagesthemen“ der ARD noch einmal ausdrücklich bestätigt, als der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk während seiner Merkel-Visite in Berlin ausführlich interviewt wurde. Er nannte in diesem Gespräch „die russische Aggression in der Ukraine“ einen „Angriff auf die Weltordnung“ und unternahm dann eine mutige Exkursion in die frühere russische Aggressionsgeschichte. Wörtlich: „Wir können uns alle sehr gut an den sowjetischen Einmarsch in die Ukraine und dann nach Deutschland erinnern. Das muss man verhindern.“
Die Moderatorin Pinar Ataley nickte dazu nur verständnisvoll und schwieg bedeutsam. Und nirgendwo in unseren Leitmedien, die zu Recht jede Äußerung von Putin bis auf die letzte Silbe kritisch abklopfen, las man dazu irgendeinen Kommentar. Wahrscheinlich schwiegen unsere staatstragenden Medien voller Beschämung, weil sie bislang ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen waren, uns endlich aufzuklären über den brutalen russischen Überfall im Jahr 1945. Da musste erst ein ukrainischer Ministerpräsident kommen, um uns Deutschen historisch präzise zu erklären, wie die Russen damals aus purer Aggressionslust unsere Ostgrenzen überschritten haben und dabei Abertausende von friedfertigen Deutschen ohne Erbarmen hinmetzelten. In ihrem grenzenlosen slawischen Expansionsdrang haben sie danach große Teile Deutschlands einfach annektiert – bis sie endlich 1990 von deutschen Widerstandskämpfern unter der Führung des Freiheitshelden Helmut Kohl zum Rückzug gezwungen wurden.
III.
Kurz vor diesem Überfall im Jahr 1945 ist die Rote Armee auch durch Polen hindurchmarschiert und hat dort eine deutsche Exklave okkupiert – eben das Lager Auschwitz. Deshalb wollte die polnische Regierung auch den Putin nicht bei den Gedenkfeiern dabei haben. Die Erinnerung wäre zu schmerzlich gewesen. Mit einem kleinen diplomatischen Trick versuchte man diese Nicht-Einladung zu kaschieren, weil man im Gegensatz zu allen früheren Auschwitz-Gedenkveranstaltungen „niemand offiziell eingeladen“ habe. Diesmal musste sich offenbar jeder Staatsmann erst einmal um eine Teilnahme offiziell bewerben. Wer’s glaubt…
Der polnische Aussenminister setzte noch eins drauf. Warum hätte man Putin überhaupt einladen sollen; dafür gäbe es doch gar keinen Anlass. Es seien schließlich nicht die Russen gewesen, die Auschwitz befreit hätten, sondern die Ukrainer. Das war denn auch vielen Polen zuviel der Geschichtsklitterung. Nun waren die Befreier zwar Soldaten der 1. Ukrainischen Front Armee, doch die hieß nur deshalb so, weil sie zunächst an der Front im ukrainischen Woronesch gekämpft hatte. In ihren Reihen waren hauptsächlich Russen, aber auch Ukrainer, Tschetschenen, Georgier und Tartaren. (Tom Schimmeck hat das in der „Berliner Zeitung“ ausführlich dargestellt.) Aber wenn’s denn der heutigen Kriegspropaganda nutzt, muss die Geschichte eben umgelogen werden als Begründung dafür, warum man die Russen von der Auschwitz-Gedenkfeier fern halten wollte.
IV.
Für Kriegspropaganda-Zwecke wurde Auschwitz schon früher schäbig instrumentalisiert – ausgerechnet von einem deutschen Außenminister namens Joschka Fischer, der mit dem Massenmord an den Juden einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Serbien zu rechtfertigen versuchte. Und der damalige Verteidigungsminister Scharping erfand zu diesem Zweck eiligst ein paar neue Konzentrationslager – und dazu einen angeblichen serbischen Vernichtungsplan zur Vertreibung und Ausrottung der Kosovo-Albaner (Wochenschauer Nr. 626). Mit grausigem Schaudern und empörter Inbrunst wurden uns damals von Fischer und Scharping im Fernsehen „Beweise“ vorgelegt von serbischen Massakern an Zivilisten und gar von einem Massen-KZ im Stadion von Pristina. Alles von A bis Z erfunden und erlogen, wie später eine akribisch recherchierte ARD-Dokumentation nachwies („Kosovo: Es begann mit einer Lüge“ – auf Youtube immer noch zu sehen: http://youtu.be/NqPnn-GD4-k; auch im Zusammenhang mit aktueller NATO-Propaganda aufschlussreich). Doch Joschka Fischer erklärte dem kriegsunwilligen Volk – tiefbewegt mit Trauerflor an den brüchigen Stimmbändern: „Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg. Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz.“
Damit hatte er eine ganz neue Form der Auschwitz-Lüge in die deutsche Welt gesetzt. Aber die war natürlich nicht strafbar. Schließlich hatte er nicht geleugnet, dass es Auschwitz überhaupt gegeben hätte. Ganz im Gegenteil: die Existenz von Auschwitz war für ihn ein notwendiges Propaganda-Mittel, um die Bombardierung von Serbien scheinheilig zu rechtfertigen. Man sieht, die „Auschwitz-Keule“ (so einst Martin Walser in seiner berüchtigten Schlußstrich-Rede) lässt sich auch umdrehen, um damit jeden Kriegsgegner moralisch niederzuknüppeln. Beim Vorrücken an die Propagandafront marschiert man notfalls auch über sechs Millionen Leichen. Bedenkenlos.
Aber was brauchen wir Bedenken? Den meisten reicht das Gedenken. Und auch damit reicht’s uns jetzt. Auschwitz-Gedenken war gestern. Heute ist es endgültig vorbei. Denn damit haben wir genug gedacht.
+++
Diese Kolumnen gibt es auch als kostenlosen Newsletter – unter www.martin-buchholz.de zu abonnieren. Dort ist auch der Tourneeplan zu finden. Die nächsten Termine: Am Donnerstag im Kasseler „Theaterstübchen“, am Freitag im „Capitol“ in König-Wusterhausen und am Sonnabend bei den „Wühlmäusen“ in Berlin.
Gestern hat Gauck mal wieder im Bundestag gedacht. Und zwar der Mordopfer in den Konzentrationslagern. Und er hat beeindruckend gründlich gedacht. Eine gute, nachdenkliche Rede. Ein Plädoyer für ein spätes Nach-Denken. (Meine Kritik an seiner früheren Rhetorik in Sachen Weltkrieg Germanisch II bleibt deshalb nicht ausgespart. Darauf komme ich noch zurück.) Zugleich ist dieses Nach-Denken eben auch nur ein Hinterher-Denken. Ein deutsches Gedenk-Problem, wann immer in diesen Tagen der Nazi-Opfer gedacht wird: In Deutschland wird immer erst hinterher gedacht. Vorher nie.
Wie denn auch? Das deutsche Volk hat doch nie von nichts was gewusst. „Also die Sache mit den Juden, die war wirklich schlimm“, so höre ich noch posthum den Originalton meiner Mutter, „aber davon hat man damals doch nichts gewusst.“ Und in späteren wirtschaftswunderlichen Zeiten wollte man davon dann auch nichts mehr wissen. Wie sprach einst der große bayrische Führer Franz Josef Strauß: „Ein Volk, das diese wirtschaftlichen Leistungen vollbracht hat, hat ein Recht darauf, von Auschwitz nichts mehr hören zu wollen.“
Der für mich wichtigste Satz der Gauck-Rede: „Die meisten Deutschen sprachen sich selbst frei, indem sie Schuld und Verantwortung einer kleinen Zahl von Fanatikern und Sadisten zuschoben.“ Traun fürwahr! Nur diese bösen Nazi-Verbrecher waren an allem schuld. Und mit denen hatten die Deutschen ja nur ganz am Rande etwas zu tun. Es handelte sich bei diesen Nazis offenbar um eine ganz seltsame nicht-humane Spezies. Bis heute weiß doch niemand, wer diese Nazis waren und woher sie gekommen sind. Das war in jenen tausend Jahren offenbar eine unheimliche Begegnung der dritten Art im Dritten Reich. Da sind wohl irgendwelche Aliens auf der Erde gelandet – und die hießen eben nicht Klingonen, sondern Nazis. Blöderweise sind die ausgerechnet in Deutschland gelandet. Und dann haben sie hier die Macht ergriffen und haben eine Zeitlang mit der Macht rumgemacht; und eines Tages waren die alle wieder spurlos verschwunden. Da gab es keinen einzigen Nazi mehr in Deutschland. Das ist zumindest der Stand der deutschen Familienforschung; auch in meiner Familie.
II.
Außer den Nazis waren höchstens noch irgendwelche gesinnungslumpigen Pazifisten als Täter am Holocaust beteiligt. Auf dem Höhepunkt der Friedensbewegung in den frühen Achtzigern klärte uns darüber der einst führende Christdemagoge Heiner Geißler auf. Gnadenlos geißlerte er die Nachrüstungsgegner als potentielle Vergaser. Denn: „Der Pazifismus der dreißiger Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.“ Man sieht, wie gründliche Recherchen in Sachen deutscher Historie immer wieder zu verblüffenden Erkenntnissen führen.
Auch die neuere Geschichtsforschung hat mancherlei historische Überraschung parat. Das zeigte sich auch, als Gauck am 1. September letzten Jahres auf der Westerplatte bei Danzig seine Strafpredigt gegen Kriegsverbrechen gehalten hat. Und zwar gegen russische Kriegsverbrechen – wie er sie in der Ukraine sieht. Das hörte sich so an, als hätten die Russen unter der Führung von Wladimir Putin am 1. September 1939 den 2. Weltkrieg begonnen. Vor drei Wochen wurde diese neue historische Sichtweise in den „Tagesthemen“ der ARD noch einmal ausdrücklich bestätigt, als der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk während seiner Merkel-Visite in Berlin ausführlich interviewt wurde. Er nannte in diesem Gespräch „die russische Aggression in der Ukraine“ einen „Angriff auf die Weltordnung“ und unternahm dann eine mutige Exkursion in die frühere russische Aggressionsgeschichte. Wörtlich: „Wir können uns alle sehr gut an den sowjetischen Einmarsch in die Ukraine und dann nach Deutschland erinnern. Das muss man verhindern.“
Die Moderatorin Pinar Ataley nickte dazu nur verständnisvoll und schwieg bedeutsam. Und nirgendwo in unseren Leitmedien, die zu Recht jede Äußerung von Putin bis auf die letzte Silbe kritisch abklopfen, las man dazu irgendeinen Kommentar. Wahrscheinlich schwiegen unsere staatstragenden Medien voller Beschämung, weil sie bislang ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen waren, uns endlich aufzuklären über den brutalen russischen Überfall im Jahr 1945. Da musste erst ein ukrainischer Ministerpräsident kommen, um uns Deutschen historisch präzise zu erklären, wie die Russen damals aus purer Aggressionslust unsere Ostgrenzen überschritten haben und dabei Abertausende von friedfertigen Deutschen ohne Erbarmen hinmetzelten. In ihrem grenzenlosen slawischen Expansionsdrang haben sie danach große Teile Deutschlands einfach annektiert – bis sie endlich 1990 von deutschen Widerstandskämpfern unter der Führung des Freiheitshelden Helmut Kohl zum Rückzug gezwungen wurden.
III.
Kurz vor diesem Überfall im Jahr 1945 ist die Rote Armee auch durch Polen hindurchmarschiert und hat dort eine deutsche Exklave okkupiert – eben das Lager Auschwitz. Deshalb wollte die polnische Regierung auch den Putin nicht bei den Gedenkfeiern dabei haben. Die Erinnerung wäre zu schmerzlich gewesen. Mit einem kleinen diplomatischen Trick versuchte man diese Nicht-Einladung zu kaschieren, weil man im Gegensatz zu allen früheren Auschwitz-Gedenkveranstaltungen „niemand offiziell eingeladen“ habe. Diesmal musste sich offenbar jeder Staatsmann erst einmal um eine Teilnahme offiziell bewerben. Wer’s glaubt…
Der polnische Aussenminister setzte noch eins drauf. Warum hätte man Putin überhaupt einladen sollen; dafür gäbe es doch gar keinen Anlass. Es seien schließlich nicht die Russen gewesen, die Auschwitz befreit hätten, sondern die Ukrainer. Das war denn auch vielen Polen zuviel der Geschichtsklitterung. Nun waren die Befreier zwar Soldaten der 1. Ukrainischen Front Armee, doch die hieß nur deshalb so, weil sie zunächst an der Front im ukrainischen Woronesch gekämpft hatte. In ihren Reihen waren hauptsächlich Russen, aber auch Ukrainer, Tschetschenen, Georgier und Tartaren. (Tom Schimmeck hat das in der „Berliner Zeitung“ ausführlich dargestellt.) Aber wenn’s denn der heutigen Kriegspropaganda nutzt, muss die Geschichte eben umgelogen werden als Begründung dafür, warum man die Russen von der Auschwitz-Gedenkfeier fern halten wollte.
IV.
Für Kriegspropaganda-Zwecke wurde Auschwitz schon früher schäbig instrumentalisiert – ausgerechnet von einem deutschen Außenminister namens Joschka Fischer, der mit dem Massenmord an den Juden einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Serbien zu rechtfertigen versuchte. Und der damalige Verteidigungsminister Scharping erfand zu diesem Zweck eiligst ein paar neue Konzentrationslager – und dazu einen angeblichen serbischen Vernichtungsplan zur Vertreibung und Ausrottung der Kosovo-Albaner (Wochenschauer Nr. 626). Mit grausigem Schaudern und empörter Inbrunst wurden uns damals von Fischer und Scharping im Fernsehen „Beweise“ vorgelegt von serbischen Massakern an Zivilisten und gar von einem Massen-KZ im Stadion von Pristina. Alles von A bis Z erfunden und erlogen, wie später eine akribisch recherchierte ARD-Dokumentation nachwies („Kosovo: Es begann mit einer Lüge“ – auf Youtube immer noch zu sehen: http://youtu.be/NqPnn-GD4-k; auch im Zusammenhang mit aktueller NATO-Propaganda aufschlussreich). Doch Joschka Fischer erklärte dem kriegsunwilligen Volk – tiefbewegt mit Trauerflor an den brüchigen Stimmbändern: „Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg. Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz.“
Damit hatte er eine ganz neue Form der Auschwitz-Lüge in die deutsche Welt gesetzt. Aber die war natürlich nicht strafbar. Schließlich hatte er nicht geleugnet, dass es Auschwitz überhaupt gegeben hätte. Ganz im Gegenteil: die Existenz von Auschwitz war für ihn ein notwendiges Propaganda-Mittel, um die Bombardierung von Serbien scheinheilig zu rechtfertigen. Man sieht, die „Auschwitz-Keule“ (so einst Martin Walser in seiner berüchtigten Schlußstrich-Rede) lässt sich auch umdrehen, um damit jeden Kriegsgegner moralisch niederzuknüppeln. Beim Vorrücken an die Propagandafront marschiert man notfalls auch über sechs Millionen Leichen. Bedenkenlos.
Aber was brauchen wir Bedenken? Den meisten reicht das Gedenken. Und auch damit reicht’s uns jetzt. Auschwitz-Gedenken war gestern. Heute ist es endgültig vorbei. Denn damit haben wir genug gedacht.
+++
Diese Kolumnen gibt es auch als kostenlosen Newsletter – unter www.martin-buchholz.de zu abonnieren. Dort ist auch der Tourneeplan zu finden. Die nächsten Termine: Am Donnerstag im Kasseler „Theaterstübchen“, am Freitag im „Capitol“ in König-Wusterhausen und am Sonnabend bei den „Wühlmäusen“ in Berlin.