Bekenntnisse

Merkels Menschlichkeit –
abgeschoben!

Nr. 659 – vom 30. Oktober 2015

Alarm! Seehofers Truppen stehen kurz vor Berlin. Die Erstürmung des Kanzlerhauptquartiers ist nur noch eine Frage der Zeit. Zwecks Mobilmachung seiner Freiwilligen-Bataillone erteilt sich Seehofer zur Not selber den Schießbefehl. So donnerte er es schon früher an einem politischen Aschermittwoch in die bierdumpfen Bregen seiner Gefolgsleute: „Wir werden uns gegen die Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme wehren – bis zur letzten Patrone.“

Aber die Kanzlerin verweigert sich bislang noch dem totalen Schließbefehl an den Grenzen. Dabei ist sie längst nicht mehr jene messianische Mutter Angela, als die sie sich selbst kurzfristig inszeniert hat mit der vermeintlichen Botschaft: „Lasset die Flüchtlinge zu mir kommen, und wehret ihnen nicht.“

Inzwischen greift auch sie wieder zur Knute und peitscht durch, was das Zeug hält. So ließ sie in Rekordzeit das radikalste Asylrechtsverhinderungsgesetz seit 1993 durch das Parlament peitschen – wie üblich mithilfe einer „Koalition der Willigen“, also mit Unterstützung ihrer Erfüllungsgehilfen von der SPD und den Grünen, die noch in jedem Ernstfall fest an der Seite von CDU und CSU standen. Die Kanzlerin will auch die Einrichtung sogenannter Transitzonen an den Grenzen um jeden Koalitions-Preis durchsetzen, um die Grenzüberschreiter sofort zu integrieren …nee, Pardon! – um sie internieren. (Bei Fremdwörtern habe ich immer wieder Schwierigkeiten.)

Böse Zungen nennen diese Transitzonen auch beim deutschen Klarnamen –  nämlich Abschiebelager. Aber der Begriff Lager klingt für manche sensible Ohren irgendwie nicht schön. Dabei haben solche Sammel-Einrichtungen an den deutschen Grenzen eine fast jahrhundertlange Tradition. Erfunden wurden sie nämlich genau vor 96 Jahren –  am 1. November 1919 von dem damaligen preußischen Innenminister Heine; und der war nicht von der CSU, sondern von der SPD. Der ordnete an, die Landesgrenzen zu schließen und dort entsprechende Lager einzurichten – allerdings nicht um Flüchtlinge vom Balkan  aufzugreifen, sondern um Juden aufzusammeln. Nach mörderischen Pogromen in vielen Teilen Osteuropas suchten damals viele der sogenannten Ostjuden Zuflucht in Deutschland. Um sie schnell wieder abzuschieben, konzentrierte man sie in entsprechenden Lagern. Der SPD-Innenminister erfand dafür auch einen entsprechenden Namen. Nein, er sprach nicht von Transitzonen, sondern von Konzentrationslagern. Seither ist die deutsche Sprache um einen traditionsreichen Begriff reicher.

Aber das sind natürlich absolut unzulässige historische Reminiszenzen. Schließlich richtet  sich die jetzt geplante konzentrierte Aktion an den bundesdeutschen Grenzen nicht gegen Juden, sondern weitgehend gegen Roma, die einem klammheimlichen, alltäglichen Pogrom entgehen wollen, also der permanenten Diskriminierung und Verfolgung auf dem Balkan. Wie der CSU-Fraktionsexperte für das deutsche Innere, ein Herr Mayer, im Deutschlandfunk erklärte, seien diese Einrichtungen notwendig, um – Zitat – „noch stärker selektieren zu können“. Und diesem Selektionsdruck wir sich gewiss auch die SPD früher oder später beugen. Wahrscheinlich früher.

Auch die Kanzlerin macht keinen Hehl daraus, dass dies als eine Maßnahme zur Abschreckung von Fluchtwilligen gedacht ist. Natürlich drückt sie das mit freundlichem Gesicht sehr viel netter aus. Ihr Kanzleramts-Chef wurde im Fernsehen deut(sch)licher: Wenn sich ein Flüchtling nicht freiwillig in dieser ominösen Zone meldet zwecks monatelanger Lagerhaltung auf engstem Raum, bekäme der nicht nur keine Unterkunft, sondern könne auch nicht mit Verpflegung und warmer Kleidung rechnen. Der darf dann mitsamt Familie ganz freiwillig erfrieren und verhungern.

Man sieht, die Kanzlerin hat ihr christliches Herz mittlerweile ganz freundlich abgeschoben. Ihr Mitgefühl hält sich wieder in deutschen Grenzen. Was darüber hinaus geht, hat sich verflüchtigt. Und wenn man mich fragt, was ich von der Merkelschen Mitmenschlichkeit halte, muss ich zugeben: Ja, ich habe sie kennengelernt. Flüchtig.

PS. Am Sonntag, 1. November, hat mein neues Programm „Denkste?!“ nun endgültig Premiere – in „Alma Hoppes Lustspielhaus“ in Hamburg, wo ich auch noch am Montag gastiere. Näheres im Tournee-Kalender.