Marx ist tot! Grund zum Feiern?
Nr. 681 – vom 3. Mai 2018
Hallo! Ein linkes Jubiläum jagt das nächste. Nach den Achtundsechzigern ist nun Karl Marx dran. Vorausschauend habe ich schon in meinem letzten Wörter-Buch „Missverstehen Sie mich richtig“ die seltsame Vermarktung oder eher Vermurksung dieses Geh!Denk!-Tages kritisch kommentiert. Dem habe ich auch heute nichts hinzuzufügen. Hier also mein Wort zum fragwürdigen Feiertag
Marx – oder Murks?
Im Mai 2018 steht uns schwer was bevor: Zweihundert marxistische Jahre gilt es dann abzufeiern. Am 5.5.1818 kam der Rauschebart zur Welt (wahrscheinlich noch ohne denselben). Doch zur Beruhigung aller Anti-Marxisten sei hinzugefügt: Im Jahre 2033 wird er dann 150 Jahre tot sein. Also ist er schon lange, lange hinüber.
Und er wird stets aufs Neue hingemacht. Vor einiger Zeit habe ich um Mitternacht auf meiner Mattscheibe eine seltsame Erscheinung gehabt. Da kam zur Geisterstunde eine Geister-Runde zusammen, nämlich eine Runde erhabener Geister, die dem Aufruf folgten: „Deutsche Professoren, vereinigt Euch, Ihr habt nicht zu verlieren außer Euren Konten.“ Und die stritten sich eine Stunde lang über die Frage: Wie tot ist Karl Marx heute? Aus einer theoretischen Leiche schnippelten die sich ein grausam entstelltes marxistisches Menschenbild zusammen; da wäre selbst ein Frankenstein vor Gruseln aus allen Nähten geplatzt. Und nach einer Stunde kippten sie die Überreste dann zurück in die Meinungskloake, also in den Fernsehkanal. Ein Umweltskandal ersten Ranges.
Nun bin ich selber kein Marxist. Warum auch? Selbst Marx hat es abgelehnt, einer zu sein. „Die Lehren von Marx sind ewig und unvergänglich!“ So hohepriesterte man einst in der DDR, die Dogmen einer erstarrten Staatsreligion verkündend. Marxismus als Ideologie wird unweigerlich zur Ogottologie und damit Igittologie.
Die Idiotie der Ideologie war nebenbei Marx ein wichtiges Thema: Ideologie definierte er als verkehrte Widerspiegelung einer verkehrten Welt. Meist von obskuren Hirnen in der stillen Kammer ausgedacht – von Herrschaften, die sich selber dauernden Stubenarrest in ihrem Oberstübchen verordnet hatten.
Nun hat Marx seine Kritik an den damaligen Ideologen natürlich in deren Programmsprache verfasst, hat also mit deren Begriffen gearbeitet, sonst wäre er von denen ja überhaupt nicht verstanden worden. Doch die Erinnerung daran ist ja weitgehend den Feuerbach runter. Übrig geblieben ist heute in der angeblich linken Theorie meist nur der alte idealistische Käse von Subjekt kontra Objekt, Mensch kontra Natur, Sein kontra Bewusstsein. Und dieser alte Käse wird uns seit Jahrzehnten und Jahrzehnten immer neu verkauft als angeblich marxistischer Quark.
Doch getretener Quark wird breit nicht stark,
spricht Goethe, der Gevatter
und Buchholz sagt, recht hat er.
Auch bei Vertretern linken Quarks
kommt meistens Murks raus - selten Marx.
Bertolt Brecht hat mal vorgeschlagen, dass man Marxsche Begriffe wie Griffe benutzen sollte – nämlich wie Griffe an einem Topf. Auf diese Weise denkt man sich Henkel an die Welt, um sie praktischer handhaben zu können. Ein Denken und Begreifen, das dem Handeln vorausgeht. Für dieses Hirnwerkzeug hat Karl Marx einige durchaus brauchbare Gebrauchsanweisung gegeben. Da könnte sich mancher brave Realsozialist, von denen es so einige in der Linkspartei gibt, endlich mal wieder Henkel an jene Tassen denken, die er längst nicht mehr im Schrank hat. Oder mehr buchholzisch formuliert:
Es gilt für Oma wie für Enkel,
haste noch alle auf’m Senkel,
hol dir von Kalle Marx den Henkel.